Das Bildungsbüro des Landkreises Helmstedt informiert:
Herausforderungen am Übergang von der Schule in den Beruf im Landkreis Helmstedt
Wie in vielen Landkreisen und kreisfreien Städten Niedersachsens ist auch im Landkreis Helmstedt die Tendenz festzustellen, dass die Schülerinnen und Schüler nach der Grundschule zunehmend auf ein Gymnasium wechseln. So waren es im Schuljahr 2015/16 knapp 45 Prozent, während der Anteil im Schuljahr 2011/12 noch unter 40 Prozent lag bei insgesamt abnehmender Schulabgängerzahl.
Darüber hinaus ist zu beobachten, dass die Anzahl der Studierenden, die ihre Hochschulzugangsberechtigung im Landkreis Helmstedt erwarben, kontinuierlich wächst. Waren es im Wintersemester 2007/08 noch rund 1.200 Studierende aus dem Landkreis Helmstedt, sind es im Wintersemester 2015/16 über 1.600. Diese Entwicklungen sind im Sinne von Bildungsexpansion und -partizipation natürlich zu begrüßen. Zu gleich darf nicht vergessen werden, dass der aktuelle Trend zu Abitur und Studium auch eine Kehrseite mit sich zieht: Da viele Schülerinnen und Schüler nach dem Abitur ein Studium außerhalb des Landkreises aufnehmen, bleibt eine verhältnismäßig hohe Anzahl an Ausbildungsstellen unbesetzt. Im Ausbildungsjahr 2015/16 war etwa jede zehnte Berufsausbildungsstelle im Landkreis Helmstedt Ende September 2015 noch nicht vergeben. Unternehmen im Landkreis Helmstedt beklagen unbesetzte Ausbildungsplätze, so hieß es am 01.06. in den Helmstedter Nachrichten. Einige Firmen bleiben somit ohne Nachwuchs, den sie dringend bräuchten. Ferner weisen Studien darauf hin, dass viele junge Menschen zwar ein Studium beginnen, dies aber nicht zwingend zu einem Studienabschluss führt. Eine 2014 veröffentlichte Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung ermittelte in diesem Zusammenhang, dass knapp ein Drittel der deutschlandweiten Bachelor-Studierenden das Studium abbricht.
Diese und weitere Punkte bewegten den Landkreis im Jahre 2015 dazu einen Antrag zur Aufnahme als Bildungsregion zu stellen. Ab September 2016 läuft nun der Betrieb im Bildungsbüro, aufgeteilt in Bildungskoordination, Bildungsmonitoring und Bildungsmanagement. Die vom Bildungsbüro eingerichtete Lenkungsgruppe Bildung hat im Rahmen ihrer Auftaktsitzung im Juni 2017 entschieden, dass dem Thema „Übergang Schule-Beruf“ zukünftig besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden soll. Hierzu wurde eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe mit dem Titel „Mit ohne Abitur“ ins Leben gerufen, die im Juli die Arbeit aufgenommen hat. In der AG nehmen unter anderem Arbeitsagentur, Handwerkskammer, Industrie- und Handelskammer und Abteilungen der Kreisverwaltung mit Landrat und Erstem Kreisrat teil. Der Titel spielt darauf an, dass ein erfolgreicher Einstieg ins Berufsleben nicht zwingend den höchsten Schulabschluss, das Abitur, voraussetzt, sondern dass auch andere Bildungsabschlüsse gute und chancenreiche Perspektiven auf dem aktuellen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt bieten.
In der Arbeitsgruppe werden nun Daten zusammengetragen und innovative Wege diskutiert, die dazu führen können, die Bildungsabschlüsse „unterhalb“ des Abiturs in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft mehr Anerkennung entgegen zu bringen. In diesem Zuge sind sich alle Mitglieder der Arbeitsgruppe einig: Berufsausbildungen - mit oder ohne Abitur - müssen gesellschaftlich stärker wertgeschätzt werden, dazu gehört auch gegebenenfalls eine bessere Bezahlung.
Schulabschlüsse „unterhalb“ des Abiturs sollen gestärkt werden, Haupt- und Realschule müssen attraktiver werden und die Berufsorientierung soll die Eltern mehr einbeziehen – diese Empfehlungen erarbeitete die AG in ihrer letzten Sitzung. Auch die Perspektiven wurden betrachtet. So würden die Ausbildung vor der Haustür oder die Stärkung von Handel und Handwerk im Landkreis die Attraktivität erhöhen. Eine Ausbildung zum Handwerksmeister oder zur Handwerksmeisterin kann auch ohne Abitur die Tür in viele Richtungen öffnen. Das in Deutschland praktizierte duale Ausbildungssystem ist weltweit anerkannt und bietet zahlreichen jungen Menschen die Chance auf einen erfolgreichen Berufseinstieg.
Neben dem „Übergang Schule-Beruf“ werden zukünftig weitere Themen von der Lenkungsgruppe Bildung bearbeitet und diskutiert. Zeitnah sollen die Elternbeteiligung in der Bildungsbiografie, eine zentrale Bildungsberatung und die Digitalisierung genauer unter die Lupe genommen werden.